Mittelohrentzündung, akute Otitis media

Zusammenfassung

Unter einer Mittelohrentzündung wird im allgemeinen Sprachgebrauch eine akute, meist durch Bakterien verursachte Erkrankung, die am häufigsten im Säuglings- und Kleinkindesalter auftritt, verstanden. Die Symptome sind Ohrenschmerzen, Hörminderung, Fieber und Krankheitsgefühl, betroffene Säuglinge fassen sich dabei oft ans Ohr. Im Verlauf kann es auch zum Einreißen (=Perforation) des Trommelfells mit plötzlicher Besserung des Schmerzes und Ohreiterung kommen. Eine gefürchtete Komplikation ist die sog. Mastoiditis, die durch Ausbreitung der Entzündung in den angrenzenden Knochen, den Warzenfortsatz bzw. das Mastoid, entstehen kann und eine Operation erforderlich macht. Auch eine chronische Mittelohrentzündung kann die Folge sein.
Die Behandlung der akuten Mittelohrentzündung besteht aus Antibiotika, abschwellenden Nasentropfen, Schmerzmitteln und lokaler Wärmezufuhr. Diese Maßnahmen führen in der Regel innerhalb weniger Tage zum Abklingen der Beschwerden. Besteht eine Behinderung der Nasenatmung z.B. durch "Polypen", sollte diese behoben werden, um das Risiko einer neuerlichen Mittelohrentzündung zu reduzieren.

Allgemeines

Das Mittelohr ist ein luftgefüllter Hohlraum, der durch das Trommelfell vom äußeren Gehörgang abgetrennt ist. Es enthält die drei Gehörknöchelchen Hammer, Amboss und Steigbügel, die der Übertragung der Schallwellen in Richtung Innenohr dienen. Durch die Ohrtrompete (= Tuba auditiva Eustachii) ist das Mittelohr mit der inneren Nase verbunden und wird über diese belüftet. Im Rahmen einer Erkältung können Keime aus der Nase über die Ohrtrompete aufsteigen und eine Mittelohrentzündung auslösen. Säuglinge und Kleinkinder sind besonders häufig betroffen, da ihre Ohrtrompete noch sehr kurz und weitgestellt ist. Auch eine Behinderung der Nasenatmung z.B. durch Polypen erhöht das Risiko einer Otitis media, da in solchen Fällen meist die Belüftung des Mittelohres nicht ideal funktioniert und eine Infektion begünstigt wird.

Krankheitserreger

Eine Mittelohrentzündung wird vor allem durch Bakterien, seltener durch Viren verursacht. Bei den Viren handelt es sich sowohl um das "echte" Grippe- und das Masernvirus als auch um sämtliche Viren, die Erkältungen auslösen können. Die bedeutendere Rolle spielen jedoch Bakterien, nämlich Pneumokokken, Streptokokken und Haemophilus influenzae. Vor allem bei Säuglingen ist auch an Staphylokokken zu denken.

Ursachen

In der Regel entsteht die akute Mittelohrentzündung durch eine vom Nasen-Rachenraum aufsteigende Infektion im Rahmen einer Erkältung, wie weiter oben im Text beschrieben. Seltener dringen die Keime bei einem vorbestehenden Trommelfelldefekt oder bei einer Verletzung des Trommelfells direkt aus dem äußeren Gehörgang ein. Auch eine Verschleppung der Viren oder Bakterien über das Blut (=hämatogene Streuung) im Rahmen einer Allgemeinerkrankung wie z.B. Scharlach ist möglich.

Symptome

Die akute Mittelohrentzündung beginnt meist plötzlich mit stechenden, ein- oder beidseitigen Ohrenschmerzen, Klopfen im Ohr und Fieber. Weitere Symptome sind allgemeines Krankheitsgefühl, Hörminderung und Kopfschmerzen. Betroffene Säuglinge sind unruhig, weinerlich, trinken schlecht und greifen sich oft ans Ohr, was im medizinischen Jargon als Ohrzwang bezeichnet wird. Generell muss beim kranken Säugling an eine mögliche Otitis media gedacht werden.Im Verlauf einer Mittelohrentzündung kann es zur Perforation des Trommelfells kommen, welche zu Ohreiterung bzw. "Ohrenlaufen" und schlagartiger Besserung der Ohrenschmerzen führt.

Komplikationen

Nach zwei Wochen sollte eine akute Mittelohrentzündung vollständig abgeheilt sein. Ist dies nicht der Fall, so besteht der hochgradige Verdacht, dass sich die Entzündung auf den Knochen hinter dem Ohr, den sogenannten Warzenfortsatz bzw. das Mastoid, ausgebreitet hat. Der Fachmann spricht von einer Mastoiditis, bei der es zur eitrigen Einschmelzung dieses mit luftgefüllten Hohlräumen ausgestatteten Knochenfortsatzes kommt. Kennzeichen ist eine Schwellung hinter dem Ohr und Druckschmerz.

Erfolgt keine entsprechende Behandlung, kann sich diese Entzündung in der Umgebung weiter ausbreiten und zu Hirnhautentzündung, zu Gesichts- oder Augenmuskellähmungen durch Nervenentzündung oder zu Drehschwindel und Erbrechen durch Entzündung des Innenohres (=Labyrinthitis) führen.Vor allem bei behinderter Nasenatmung, z.B. auf Grund von "Polypen", wodurch es auch zu einer schlechten Belüftung des Mittelohres kommt, kann eine chronische Mittelohrentzündung die Folge sein. Hörminderung, Ohrrauschen, anhaltende Sekretion aus dem Ohr und Wucherung von entzündlichem Granulationsgewebe (=Cholesteatom) sind die unangenehmen Symptome.

Diagnose

Der Verdacht auf eine Mittelohrentzündung ergibt sich bereits durch die beschriebenen Beschwerden und die Diagnose wird durch die Inspektion des Trommelfells mit einem Ohrtrichter, also durch die sogenannte Otoskopie, bestätigt. Typische Zeichen sind Rötung und Vorwölbung des Trommelfells. Daneben kann es verdickt sein oder Blasenbildung bzw. eine Perforationsstelle mit austretendem Sekret zu erkennen sein.

Therapie

Die Behandlung erfolgt schon bei Verdacht auf eine bakterielle Infektion mit Antibiotika. Abschwellende Nasentropfen begünstigen den Sekretabfluss und die Belüftung des Mittelohres. Dagegen sind Ohrentropfen nicht wirksam, da sie das Mittelohr nicht erreichen! Schmerzmittel und Wärmebehandlung des Ohres lindern die Beschwerden. Bei vorgewölbtem, gespanntem Trommelfell oder bei beginnenden Komplikationen ist eine operative Eröffnung des Trommelfells (=Paracentese) notwendig, die in örtlicher Betäubung oder bei Kindern in Narkose durchgeführt wird.

Ein Trommelfelldefekt im Rahmen der akuten Otitis media heilt meist spontan ab. Die chronische Mittelohrentzündung, im schlimmsten Fall das Cholesteatom, bedarf häufig einer Operation, also einer Trommelfellplastik (= Tympanoplastik). Leichtere Formen können auch konservativ mit Antibiotika, Ohrentropfen oder -spülungen bzw. durch eine Paracentese behandelt werden. Besteht jedoch bereits eine Mastoiditis, so ist eine umgehende Operation mit Entfernung des entzündeten Knochens erforderlich.

Prophylaxe

Eine behinderte Nasenatmung -z. B. durch „Polypen"-, durch die eine Mittelohrentzündung begünstigt wird, sollte behoben werden. Daneben wird das Risiko einer Mastoiditis, die glücklicherweise heutzutage in Mitteleuropa sehr selten ist, durch eine adäquate antibiotische Therapie der Otitis media deutlich gesenkt.

Prognose

Bei frühzeitigem Behandlungsbeginn klingen die Beschwerden innerhalb weniger Tage ab und die akute Mittelohrentzündung heilt in den meisten Fällen vollständig aus. Vor allem bei Veränderungen mit behinderter Nasenatmung, die nicht rechtzeitig erkannt und behoben werden, kann eine chronische Entzündung des Mittelohres die Folge sein und zu Schwerhörigkeit und Ohrrauschen führen. In diesem Fall kann auch eine Operation notwendig werden. Die Mastoiditis ist eine gefährliche Komplikation, die jedoch bei rechtzeitiger Operation ebenso meist ohne Folgeschäden ausheilt.